Martec's Law erklärt das Digitalisierungs-Dilemma

Veränderungen prägen unser Leben. Es gilt, Digitalstrategien für Unternehmen zu entwickeln. Martec's Law erklärt, warum es an der einen oder anderen Stelle hakt.

Was wie eine Binsenweisheit klingt, ist bei näherer Betrachtung eine echte Herausforderung. Insbesondere in der IT stehen mittelständische Unternehmen oft vor neuer Hardware, überarbeiteten Richtlinien und aktualisierter Software, die Akzeptanz im Unternehmen finden müssen, um erfolgreich ins Leben gerufen zu werden.

Der dichterische Ausruf Friedrich Schillers „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“ wird in diesem Kontext allzu gern zitiert. Modernisierungen, vornehmlich rund um die IT, sind nötig – aus mehreren Gründen. Die wohl wichtigsten Argumente: Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Recruiting-Vorteile.

Stillstand bedeutet Rückschritt – warum Technologie-Updates so wichtig sind

Veraltete Systeme sind unsichere Systeme. Deshalb sollten regelmäßig Updates installiert werden. Nicht nur unter Sicherheitsaspekten sind Aktualisierungen reizvoll: Moderne Tools ermöglichen Wettbewerbsvorteile, denn digitale Apps und Services werden auf Anwenderseite schneller zum Standard. Kunden erwarten, dass auch ihre Dienstleister und Hersteller inklusive der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Zeit gehen und die aktuellen Techniken verwenden.

Spätestens, wenn der Herstellersupport eines Betriebssystems oder einer Anwendung eingestellt wird und die Aktualisierungen ausbleiben, stehen erste Veränderung an. Systeme, die nicht mehr supportet werden, können gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen und bei Problemen gibt es keine Hilfe.

Supportverträge können zwar individuell verlängert werden, aber zum einen sind diese Vereinbarungen kostspielig und auch sie sind zeitlich begrenzt. Heißt: Irgendwann muss eine langfristige Lösung her.

Allerdings sieht dann womöglich die bisher gewohnte Desktopoberfläche anders aus. Der Druckvorgang funktioniert plötzlich etwas anders. Das alte System hat doch noch funktioniert und überhaupt kostet die Umgewöhnung viel zu viel Zeit.

„Das haben wir doch schon immer so gemacht“ ist der allererste Satz im Abgesang auf das Unternehmen. Vorbehalte, Skepsis, fehlende Flexibilität: All das ist ganz normal! Damit aus dem Credo aber kein Nachruf wird, ist Veränderung nötig.



Martec’s Law: Der Unterschied zwischen Menschen und Maschinen

Scott Brinker, ein amerikanischer Programmierer und Vice President of Platform Ecosystem bei HubSpot, beschrieb das Problem bereits in den frühen 2010er-Jahren: Technologien verändern sich exponentiell, während Organisationen sich logarithmisch entwickeln: Ein neues noch kleines Unternehmen passt sich schnell an – wie ein Start-up, das in wenigen Wochen seine ganze Strategie umkrempelt.

Je größer das Unternehmen wird, desto langsamer verändert es sich. Dann verlangen selbst kleine Änderungen langwierige Meetings und viele Genehmigungen. Diese Beobachtung bezog Brinker bei der Formulierung des Martec’s Law (übersetzt so viel wie: Gesetzmäßigkeit zwischen Marketing und Technologie) mit ein: Es gibt deutlich schneller neue Techniken und Tools, als Organisationen sie sinnvoll implementieren (können).

Martec’s Law

Grundsätzlich geht Martec’s Law von drei zentralen Annahmen aus:

  1. Neue Software, bessere Hardware und zusätzliche Web-Plattformen: Technologie kann sich innerhalb von Monaten radikal verändern.
  2. Strukturen, Prozesse, Mitarbeiterkompetenzen und Unternehmenskultur bremsen die Anpassung, denn die organisatorische Anpassungsfähigkeit benötigt auf der anderen Seite oft Jahre.
  3. Bedeutet: Der Abstand zwischen technologischen Möglichkeiten und ihrer Nutzung wird immer größer.

Das beschrieb Scott Brinker als das grundlegende Managementproblem des 21. Jahrhunderts: Der Faktor Mensch wird nie so schnell sein wie der technologische Fortschritt.

Das muss er gar nicht, wenn Organisationen bestrebt sind, mit der Technik Schritt zu halten. Aufgrund ihrer langsamen Anpassungsfähigkeit reagieren sie nur selektiv auf technologische Neuerungen, um nicht überfordert zu werden. Unternehmen müssen sich entscheiden, welche technologischen Veränderungen sie mitgehen und forcieren möchten.



Auswirkungen von Martec's Law auf Unternehmen

Das erklärt unter anderem, warum Firmen oft nur einen Bruchteil neuer Technologien nutzen (z. B. nur 10 Prozent der Features einer Software). Die Gesamtkosten einer Adaption (Training, Integration, Anpassung) werden häufig unterschätzt, was zu unvollständigen Implementierungen führt. Zudem besteht die Gefahr, dass Unternehmen vorschnell in ineffektive oder unausgereifte Lösungen investieren.

Die Angst, Wettbewerbsvorteile zu verpassen, darf nicht zu voreiligen Entscheidungen führen. Aber auch Zaudern und Zögern sind gefährlich: Abteilungen beschaffen sich irgendwann ihre eigene Software und Geräte, wenn sie den Eindruck haben, dass sich nichts bewegt.

Das Problem der Schatten-IT wächst: Da speichert ein Mitarbeiter Dokumente in der privaten Dropbox, weil es keine adäquate Cloud-Lösung gibt. Eine weitere Mitarbeiterin setzt private USB-Sticks ein, um die Daten zügiger von A nach B zu kopieren und so weiter.

Wenn Schiller ein Smartphone gehabt hätte ...
Hätte Schiller seine Werke am Computer verfasst, hätte er vielleicht formuliert: „Wer nicht modernisiert, verliert den Anschluss.”

Allerdings kann die IT nicht schützen, was sie nicht kennt. Schatten-IT ist ein beliebtes Einfallstor für Cyberangriffe. Denen ist jedoch schwer beizukommen, wenn die Daten außerhalb offizieller Systeme landen und Programme verwendet werden, die offiziell gar nicht unterstützt werden.

Hätte Schiller seine Werke am Computer verfasst, hätte er vielleicht formuliert: „Wer nicht modernisiert, verliert den Anschluss.” Technologische Stagnation in einer digitalen Welt bedeutet nicht Stabilität, sondern den schleichenden Verlust von Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Recruiting-Vorteilen.

Die Herausforderung besteht darin, aktiv zu werden und einen Mittelweg zu finden: weder blindlings jeder neuen Technologie hinterherzulaufen noch so lange zu warten, bis das eigene Unternehmen technologisch abgehängt ist. Schön und gut. Aber was bedeutet das für Sie?



Best Practices im Umgang mit Martec's Law

Die gute Nachricht: Nicht nur Sie und Ihr Unternehmen sind davon betroffen, sondern alle Organisationen. Faktor Mensch, wir erinnern uns. Um mit dem technologischen Fortschritt mithalten zu können, müssen Sie aktiv und strategisch an der Entwicklung einer anpassungsfähigen Unternehmenskultur arbeiten:

Statt sich zu fragen, wie Sie Mitarbeitende für neue Technologien begeistern, muss zunächst ein Umdenken stattfinden. Dabei helfen agile Prozesse und eine Lernkultur.


Bedeutet konkret:

Weiterbildungen

Kontinuierliches Lernen

Messbare Ziele

Weiterbildungen fördern Kulturwandel

„Das haben wir schon immer so gemacht“ ist die Kapitulation, bevor man sich überhaupt auf den Weg gemacht hat. Oft hört man diesen Satz von Personen, die bereits länger im Unternehmen tätig sind. Dabei ist hinreichend belegt, dass junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwischen 16 und 29 ein großes Interesse an digitalen Innovationen zeigen. Zudem glauben sie, dass technologische Innovationen entscheidende Lösungen zu verschiedenen Herausforderungen beisteuern.

Identifizieren Sie genau diese technikaffinen Personen in Ihrem Team und statten Sie sie mit Spezialwissen und erweiterten Zugriffsrechten aus: Bauen Sie auf ihnen auf und lassen Sie die Digital Natives die Digital Immigrants schulen. So werden Führungskräfte deutlich schneller fit in neuen Technologien, als wenn sie sich den Stoff autodidaktisch beibringen. Wenn sie das überhaupt tun würden.

Wenn nach der Einführung einer neuen Software oder einer Umstellung der Hardware mal etwas nicht auf Anhieb klappt, ist das kein Grund den Schuldigen zu suchen, sondern es ist eine gute Gelegenheit zu lernen. Etablieren Sie eine gesunde Fehlerkultur. Veranstalten Sie Workshops, die nach der Einführung aus Stolpersteinen Ecksteine machen.

Heißt: Laden Sie die Beteiligten ein, führen Sie eine offene und ehrliche Diskussion und dokumentieren Sie sie strukturiert. Daraus leiten Sie dann Handlungsempfehlungen ab. Das Ergebnis? Sie verbessern Arbeitsweisen, transferieren Wissen und vermeiden Fehler in zukünftigen Projekten.

Flexibilität und kontinuierliches Lernen kultivieren

Damit von Anfang an möglichst viele Teams auf dem Laufenden bleiben, bieten Sie sogenannte Micro-Learnings an. Es muss schließlich nicht immer das umfangreiche Wochenendseminar sein.
Ein 90-Minuten-Webinar einer der zahlreichen Anbieter wie eMBIS, Gartner oder Amazon Web Services, vereinzelte LinkedIn-Learnings oder sogar kostenlose Herstellerschulungen wie Microsoft Learnings: Fördern Sie Mikroqualifizierungen und integrieren Sie Lernen in den Arbeitsalltag.

Für diesen Zweck könnten Sie Fortbildungsbudget fixieren – in Zeit und Finanzen. Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen festen Anteil an Arbeitszeit und Ressourcen zur Verfügung haben, können sie sich ihre Weiterbildung flexibler einplanen.

Wichtig ist, dass von Anfang an kein Silodenken entsteht: Bitten Sie jede Person, die eine Fortbildung besucht hat, das Wissen in einem kurzen Vortrag nach innen zu tragen. Dafür könnten Sie beispielsweise halbjährlich einen Freitagnachmittag freihalten, während dem Ihre Teams sich gegenseitig up to date halten. So profitieren alle davon. Ein paar Stunden Freiraum einplanen, um bei Snacks und Getränken neuen Input weiterzugeben, fördert alle teilnehmenden Personen und lockert die Arbeitswoche gleichzeitig etwas auf.

Zweimal im Jahr findet bei BUCS IT der BUCS IT Open Friday statt. Spannende Vorträge, interaktive Workshops und anregende Diskussionen bieten den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit, sich aktiv ins Unternehmen einzubringen. Von einem Bericht über das neue Ticketsystem über eine Seminarzusammenfassung zum Thema Familie im Einklang bis hin zu einem Dungeons-and-Dragons-Workshop: Die Themenauswahl ist so vielfältig wie die Menschen, die ihr Wissen, ihre Ideen und Projekte präsentieren.

Klare Maßnahmen mit messbaren Zielen

Um nun zu ermitteln, ob Ihre Hebel Wirkung zeigen, stellen Sie nach einer gewissen Zeit Fragen: Erkunden Sie sich in Ihrer IT-Abteilung, ob der Anteil der Schatten-IT zurückgegangen ist. Ein hilfreicher Indikator könnte der Netzwerkverkehr sein, den Ihre IT-Profis in Microsoft Defender for Endpoints überwachen. Eine Halbierung der unerwünschten Programme und Webapps nach zwölf Monaten ist ein sehr guter Wert. Prüfen Sie zudem, wie zufrieden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit neuen Tools sind.

Technologische Entwicklung ist kein Sprint, sondern ein Staffellauf – und den müssen Sie nicht allein laufen. Gerade mittelständische Unternehmen profitieren von der Zusammenarbeit mit einem Managed Service Provider (MSP). Er bringt sowohl das nötige Know-how als auch die Erfahrung aus vielen Projekten mit. Gemeinsam lassen sich Ziele definieren, technische Lösungen sauber umsetzen und der digitale Wandel strukturiert begleiten.

Anna Godhoff

Communication &
Marketing Specialist
BUCS IT

Anna Godhoff
28/05/2025